Das Leben ist so herrlich unberechenbar. Das, was ich mir niemals für mich hätte vorstellen können, hat sich als mein großes Glück herausgestellt: freie Journalistin sein! Seit fünf Jahren gehöre ich keiner Redaktion mehr an. Im Januar 2013 war es soweit. Damals ein Riesenschritt für mich.
Und heute? Ich kann mir nichts Besseres vorstellen. Es beflügelt meine Kreativität, jetzt gleich ein Interview für ein Frauenmagazin zu führen und morgen einen Kommentar über die Digitalisierung zu verfassen. Der Umstand, themengetrieben zu arbeiten, ist für mich unbezahlbar. Ich finde etwas spannend, ungerecht, erzählenswert – und suche mir das Medium, für das ich die Geschichte aufschreibe. Für einen Journalisten kann es nichts Schöneres geben. Ich bestimme aber nicht nur, über was ich schreibe. Ich entscheide auch, für wen ich arbeite. Knirscht es mit einem Kunden im Getriebe, nehme ich keinen Auftrag mehr für ihn an. Punkt. Soviel Freiheit muss man sich natürlich leisten können. Aber dann ist es wunderbar! Ich koste das voll und ganz aus und arbeite heute konsequent nur noch mit Kollegen, die ich fachlich wie menschlich super finde. Und das merkt man meinen Texten auch an.
Ich habe das Gefühl, dass ich als freie Journalistin viel mehr Hunger nach Geschichten habe. Mich spornt es an, mich immer wieder beweisen zu müssen. Und bei jedem neu gewonnenen Kunden würde ich vor Freude am liebsten eine Flasche Champagner entkorken. Und dann wurde ich 2015 sogar richtig abenteuerlustig. Ich traute mich an mein erstes Buch, es heißt „Der Tod kann mich mal!“ und wurde im März 2016 bei Eden Books veröffentlicht. Wahrscheinlich hätte ich das nicht gemacht, wenn ich fest angestellt gewesen wäre. Man ist dann doch zu sehr in seinem Redaktions-Alltagstrott und kommt abends müde nach Hause. Da setzen sich die wenigsten noch hin und arbeiten an einem Buch. Als Freiberuflerin hingegen konnte ich mir hier und da ein paar Zeitfenster schaffen, um die Kapitel zu texten.
Naja, und dann ist da noch die Sache mit der Flexibilität. Mich fragt keiner, ob ich mein Feature an einem verregneten Sonntag oder an einem Donnerstagabend geschrieben habe. Weil es schlichtweg keine Rolle spielt – solange ich mein Zeug pünktlich abgebe. Was im Hinblick auf meine kleine Tochter natürlich ein großes Geschenk ist. Ich muss keinen Chef fragen, ob ich ein paar mehr Stunden die Woche arbeiten „darf“. Und ich muss auch kein schlechtes Gewissen habe, weil ich heute „schon wieder“ nicht im Büro erscheine, weil die Kleine Fieber hat. Arbeitspensum, Arbeitszeiten – das mache ich alles mit mir selbst aus. Und ganz ehrlich: So ein Nachmittag auf dem Spielplatz hat noch keinem geschadet. Mal an was anderes denken, sich an der frischen Luft bewegen, auf der Schaukel abhängen. Da sitzt man am nächsten Morgen mit ganz viel Drive am Rechner. Meistens arbeite ich heute ohnehin in fünf oder sechs Stunden ab, was ich früher in acht geschafft habe. Einfach, weil es nicht anders geht.
Aber klar, da sind auch die Tage, an denen man sich nach einem Redaktions-Nest zurücksehnt. An denen einen ein Kunde in den Wahnsinn treibt. An denen die Buchhaltung nervt (in Redaktionen nimmt der Bürokratie-Wahn allerdings auch nicht ab). Oder an denen man sich ausrechnet, wie viel Geld man verliert, wenn man tatsächlich mal drei Wochen krank wäre – was man tatsächlich aber nie ist, toi toi toi. Bisher habe ich immer schlaue Wege gefunden, Probleme dieser Art zu lösen. Beispiel Einsamkeit: Als ich noch in München gelebt habe, konnte ich immer wieder Redaktionsdienste machen. Die erden einen auf eine gute Art und lassen einen das Freiberufler-Dasein noch einmal viel mehr wertschätzen. Später habe ich mir ein Journalistenbüro gesucht, was die beste Idee überhaupt war.
Heute lebe ich in Berlin und habe das Glück, auf freier Basis die Redaktionsleitung eines großartigen jungen Magazins namens Coding Kids inne zu haben. Wenn ich also Kollegen vermisse, fahre ich in die Redaktion und tausche mich aus. Wenn es um Finanzen geht, hilft ein guter Steuerberater. Ich habe den besten! Wenn ein Kunde nervt, habe ich ein feines Netzwerk an Kollegen, die gleichzeitig Freunde sind. Die rufe ich an und frage nach Rat. Und bei allem anderen gilt „I’ll cross that bridge when I come to it.“
Ich hatte das Privileg, an der Journalistenschule von Dozenten unterrichtet worden zu sein, die damals schon lange freiberuflich gearbeitet haben – und zwar aus voller Überzeugung und leidenschaftlich gern. Damals dachte ich mir noch: „Niemals! Das traue ich mich nicht!“ Aber 2012 fühlte ich mich im engen Redaktionskorsett zunehmend unwohl. Der Druck vom Verlag auf uns Redakteure (ich war in meinem letzten Job Textchefin) wurde immer größer. Ich wollte das nicht mehr. Also sprang ich in die große Ungewissheit. Ohne meine Kollegin und Freundin Angelika Zahn hätte das nicht geklappt. Wir kannten uns vom Playboy, sie wurde bei der Mission Selbstständigkeit meine Mentorin. Manchmal braucht man einen Außenstehenden, der einem sagt, dass man es schafft. So einfach ist das. Noch heute ist Angelika meine Lieblings-Sparringspartnerin.
Freie Journalistin sein geht aber auch nicht ohne Freunde und Kollegen, die sich die Zeit nehmen, mal einen Text gegenzulesen. Wir Freiberufler haben eben keinen Textchef, mit dem wir noch mal in Ruhe alles durchgehen können. Wenn wir einen Text an die Redaktion schicken, muss alles perfekt sein. Ich habe das große Glück, dass die InStyle-Online-Chefin Bianka Morgen nicht nur eine großartige Journalistin ist, sondern auch meine Freundin. Sie nimmt sich immer wieder abends Zeit, um meine Texte zu redigieren. Und dann geht es nicht ohne tolle Kollegen, die einem Aufträge geben. Die zurückschreiben, wenn man ihnen Themenvorschläge schickt. Die einen für Redaktionsdienste buchen und Respekt entgegenbringen. Auch hier hatte ich großes Glück. Denn viele ehemalige Kollegen von Playboy (allen voran Chefredakteur Florian Boitin), Bunte und anderen Redaktionen unterstützten mich bei meinen ersten Schritten in die Selbstständigkeit. Das ist jetzt fünf Jahre her – ich weiß noch genau, wie ich mich damals gefühlt habe. Da war immer die Befürchtung, dass mir keiner meine Texte abkauft. Mittlerweile kann ich darüber schmunzeln. Aber wie das so ist: Die eigenen Ängste wirken im Nachhinein lächerlich; und wovor man sich fürchtet, tritt nie ein. Heute weiß ich, was für ein riesengroßer Glückspilz ich bin. Und das Leben? Das finde ich mit seiner Unberechenbarkeit einfach nur herrlich.
diana
Stark….ich bin gerade hin und futsch von Deinem Artikel. Gruss von Diana aus Bern
kirabrueck
Vielen Dank für dein tolles Feedback!
Natalie
Danke für den Artikel – dein Beitrag hat mich wieder aufgebaut…ich werde übergangsweise auch frei arbeiten und habe im Moment ziemliches Muffensausen.
Kira Brück
Danke für deinen Kommentar! Darf ich fragen, wie es gelaufen ist und es dir mittlerweile als freie Journalistin geht? Ich hoffe gut 🙂