Ist es nicht total unsicher, das Leben als freie Journalistin?
Ganz einfach: nope! In Zeiten, in denen Redaktionen von einem Tag auf den anderen dicht machen, ist es viel sicherer, für viele verschiedene Medien zu arbeiten. Wenn einer meiner Kunden mich nicht mehr buchen kann oder möchte, schreibe ich eben wieder mehr für andere. Als Angestellter ist man hingegen viel abhängiger, weil man nicht ständig Kontakte in andere Redaktionen unterhält. Droht dann die Arbeitslosigkeit, muss man erst mal sein Netzwerk aktivieren. Und wenn wir mal ehrlich sind: Welche tolle Redaktion stellt heute noch Leute ein? Unbefristete Verträge, 30 Tage Urlaub, Überstunden abfeiern. Das gibt’s vielleicht bei Siemens oder der Allianz. In der Medienbranche weht schon lange ein anderer Wind. Deshalb: Macht euch frei!
Schreiben – kann das nicht jeder?
Doch, klar. Den Einkaufszettel zum Beispiel. Oder eine Rede zu Mutters 60. Geburtstag. Am Ende des Tages ist journalistisches Schreiben aber immer noch ein Handwerk. Das man in einem Volontariat oder an der Journalistenschule erlernt. Was nicht heißen soll, dass man nicht schreiben kann, wenn man nicht eines von beiden absolviert hat. In der Medienbranche gibt es viele Quereinsteiger – und das ist auch gut so. Trotzdem: Wir sind keine Künstler (trotz Künstlersozialkasse) und keine verhinderten Deutschlehrer. Was wir machen, hat mit Handwerk viel mehr zu tun als mit Dichterei.
Kannst du überhaupt davon leben?
Verdammt, ja! Weil es im Leben immer darauf ankommt, welche Ansprüche man hat. Ich wollte mir nie in München-Bogenhausen ein Einfamilienhaus kaufen. Freie Journalisten können gut von dem leben, was sie verdienen. Wenn sie ein bisschen clever sind und rechnen können (und sich manchmal auch dazu hinreißen lassen, das Honorar zu verhandeln). Wer lediglich für Tageszeitungen schreibt, endet möglicherweise doch mal als Taxifahrer. Diese Honorare machen traurig und sind höchstens als Zweitverwertung zu akzeptieren. Wer hingegen ein bisschen zwischen redaktionellen Tagesdiensten, Magazinjournalismus und Corporate Publishing mixt, kann sich die Wochenenden frei halten und guten Gewissens ausschlafen.
Machst du auch PR?
Nein. Erstens: Weil ich es nicht kann. Ich würde immer lieber Profis ranlassen. Zweitens: Weil ich mich unglaubwürdig machen würde. Ich kann nicht montags in einer Redaktion anrufen und sagen: Könnt ihr diesen tollen Akkuschrauber bitte mit ins Heft nehmen?! Und denselben Leuten drei Tage später eine journalistische Geschichte von mir anbieten. Geht meiner Meinung nach nicht. Punkt. Ich empfehle immer gerne fähige Kolleginnen und Kollegen. Und bleibe bei meinen Leisten.
Für was bist du Expertin?
In Journalistenschulen wird einem eingetrichtert, dass man als freier Journalist nur Erfolg haben kann, wenn man für ein Thema steht. Flugsicherheit zum Beispiel. Oder Innenpolitik. Ich kenne mich mit Hunden, Pferden, der Zubereitung von Tee, der Wiener Moderne und Friedrich Schiller sehr gut aus. Aber über diese Themen schreiben? Och nee. Ich bin der beste Beweis dafür, dass man auch ohne einen ganz klaren Schwerpunkt in der Branche Fuß fassen kann. Ich habe für die Instyle über Mode geschrieben, für den Playboy über Sex, für die Bunte über Promis, für die Freundin über tolle Frauen, für Spiegel Online über ein Flüchtlingsheim. Und dann schrieb ich noch ein Buch über schwer kranke Jugendliche. Menschen sind mein Schwerpunkt. Weil jeder eine spannende Geschichte zu erzählen hat. Deshalb würde ich mich aber nicht als Menschenexpertin vorstellen. Ich finde, das klingt nicht verkehrt.