Verrückte Monate liegen hinter uns, Corona wirbelte das Leben aller gehörig durcheinander. So natürlich auch meines. Das ist der Grund, warum der letzte Beitrag auf meiner Seite so verdammt lang her ist. Viel passiert ist trotzdem. Also, wo fange ich an?
Als der erste Lockdown im März 2020 begann, war mein kleiner Sohn gerade einmal drei Monate alt. Damals hatte ich just begonnen, für Yeet – das evangelische Contentnetzwerk – Videos über Filme, Serien und Medienkonsum zu moderieren. Das hat verdammt viel Spaß gemacht. Vor allem der Austausch mit dem unfassbar geistreichen Filmpfarrer Christian Engels war für mich sehr bereichernd und hat meinem Wissen über Filme noch einmal einen gehörigen Schub verpasst. Doch dann kam Corona und für meine Arbeit bei Yeet gab es leider kein Budget mehr. Trotzdem finde ich es wunderbar, um diese Erfahrung vor der Kamera reicher zu sein. Und es freut mich, dass jetzt ein paar dieser Videos von mir im Netz stehen. Hier könnt ihr euch eines davon ansehen, in dem ich darüber spreche, wie viel Bildschirmzeit während der Corona-Krise für Kinder (aus meiner Sicht) angemessen ist. Gedreht in meinem Wohnzimmer, weil der Lockdown ein Treffen im Studio nicht möglich gemacht hat.
Ursprünglich hatte ich geplant, mir einen Coworking-Space mit Babybetreuung zu suchen, um auch mit Söhnchen im Schlepptau weiter journalistisch arbeiten zu können. Corona machte natürlich auch hier einen Strich durch die Rechnung. Im Frühjahr 2020 hatten wir also zwei Kinder zu Hause. An ernsthafte Arbeit war kaum zu denken.
Texte, die ich 2020 geschrieben habe
Trotzdem schaffte ich es irgendwie, regelmäßig für Baby und Familie und liberal zu schreiben – was mich durch diese merkwürdig eintönige und gleichzeitig extrem fordernde Zeit rettete. In meinen Artikeln ging es u.a. um die wichtige Arbeit von Klinikclowns in der Corona-Krise. Um Trauerarbeit mit Kindern, Quarantäne von Kita-Kindern und um die wichtige Frage, wie wir alle – aber vor allem Eltern – stark durch Krisen kommen. Fun Fact: Während ich gerade ein Telefoninterview mit einer Protagonistin über die Quarantäne ihres Kita-Kindes führte, rief parallel unsere Kita an. Bitte sofort abholen, Corona-Fall, Gruppe geschlossen, zwei Wochen Quarantäne! Wenn das wahre Leben die eigene Recherche einholt.
Für liberal schrieb ich ein Porträt über Norah Jones, Kritiken zu den Serien The Great und Unorthodox, einen Tik-Tok-Selbsttest sowie ein Porträt über den talentierten Mr. Chalamet.
Cool, jetzt bin ich Dozentin
Im August dann hatte ich die Ehre, als Dozentin (natürlich online) den Volontär:innen der Burda Journalistenschule alles zum Thema selbstständig machen als freie Journalistin/freier Journalist zu erklären. Das hat mir besonders viel Freude bereitet – auch wenn ich viel lieber vor den Journalistenschüler:innen gestanden wäre. Der Dialog klappt einfach besser, wenn ich den Teilnehmer:innen in die Augen schauen kann und so ein Gefühl für die Gruppe bekomme.
Kinder habe ich ja auch noch
In diesem crazy Corona-Kinderbetreuungs-Jahr fühlte ich mich oft wie ein ausgewrungener Schwamm. Kinder (häufig) zu Hause, zwei Mal Quarantäne, Arbeiten, Haushalt, Sorgen um die Gesundheit aller. Woraus Kraft schöpfen, wenn es gefühlt keine Pause, kein Wochenende, keine Abwechslung gibt? Meine Erkenntnis: Es ist meine journalistische Arbeit, die mich am Laufen hält. Die mir die Energie für alles andere gibt. Für Kinder in der Autonomie-Phase, für unterbrochene Nächte, für Spülmaschine einräumen, Fischstäbchen zubereiten, Nahrungsaufnahme mit Kleinkindern, Essensreste auffegen, Bude aufräumen, Windeln wechseln, trösten, erziehen. Dieses ganze wunderschönanstrengende Kinderuniversum halt.
Frei arbeiten in Zeiten von Corona
Jetzt haben wir März 2021, der Kleine ist in der Kita eingewöhnt, ab kommender Woche gibt es keine Notbetreuung mehr, die Kita hat ganz normal geöffnet. Puh! Keine Frage, die neue Freiheit fühlt sich großartig an. Mehrere Stunden am Tag alleine sein. Einen Gedanken zu Ende denken, einen Satz fertig schreiben. Ein Telefonat führen, ohne dass sich ein Kleinkind vom Tisch stützt. Aber sehr schnell spürte ich auch, was journalistisch arbeiten in Zeiten von Corona und Lockdown noch bedeutet: Die Einsamkeit ist größer denn je. Sind wir unter normalen Bedingungen schon Einzelkämpfer, die vieles mit sich selbst ausmachen, verstärkt sich dieser Zustand noch, wenn man sich mittags nicht mal mit Kolleg:innen zum Essen verabreden kann. Geschweige denn, wenn die Lieblingsläden, in denen man sonst gerne mal für ein Stündchen den Laptop aufklappt, geschlossen sind. Es ist also ein Schreiben zwischen Wäschebergen und Playmobil-Figuren. Wenn sich alles auf zu Hause konzentriert, wenn Arbeit und Privatleben auch räumlich komplett miteinander verschwimmen, ist das für zwei Tage in der Woche okay. Für mehr aber auch nicht. Natürlich ist das Einsamkeit auf hohem Niveau. Aber was, wenn dieses isoliert vor sich hin schreiben auf Dauer traurig macht?
Jetzt aber: das Journalistenbüro
Kurzum: Anfang des neuen Jahres sah ich einen Post meines Kollegen Hilmar Poganatz, der vor vielen Jahren mein Dozent an der Journalistenschule war. In seinem Journalistenbüro blockfrei in Berlin-Mitte (Torstraße! JACKPOT!) wurde ein Schreibtisch frei (Altbau! Stuck an der Decke!). Ich schrieb Hilmar, sah mir das Büro an, bekam die Zusage, unterschrieb den Mietvertrag und zog mit meinen sieben Sachen zum ersten Februar ein.
Von hier aus schreibe ich diesen Text. Ehrlich, ich kann mein Glück kaum fassen. Blicke auf die Torstraße, arbeite an meinen Artikeln, hoffe auf eine Impfung für alle ganz schnell und habe ganz viel Zuversicht in mir. Es ist, als würde ich zu meiner alten Stärke zurückfinden. Und das liegt ganz sicher daran, dass ich wieder mehr Zeit mit meiner Arbeit verbringen darf. An meinem eigenen Schreibplatz. Ja, auch in Zeiten von Corona ist der Journalismus ein Traumberuf. Das werde ich Mitte April den Volontär:innen der Burda Journalistenschule auch erzählen. Ich bin zum zweiten Mal als Dozentin gebucht. Das Thema wird wieder sein: So gelingt der perfekte Start als freier Journalist/freie Journalistin. Letztes Mal im August gab ich den Teilnehmer:innen unter anderem mit auf den Weg: Spart bei allem, aber nicht bei einem Büroplatz. Einsamkeit ist unser größtes Risiko als Freie. Wie gut, dass ich meine eigenen Ratschläge befolge. Hallo, Journalistenbüro!